Das eigene Arbeitszimmer als Betriebsausgabe absetzen? Wir zeigen dir, was es zu beachten gibt! 


Scheinselbstständigkeit
So erkennst und vermeidest du sie

31.10.2022

Im Rahmen der FIRMENHILFE-Veranstaltung „Selbstständig zum Schein? Theorie und Praxis zum Thema Scheinselbstständigkeit“ hat Rechtsanwalt Holger Thieß, Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht, einen Überblick über Theorie und Praxis der Scheinselbstständigkeit gegeben. Nachfolgend findest du eine Zusammenfassung.

Freiberufler*innen und Solo-Selbstständige laufen bei bestimmten Aufträgen Gefahr als „scheinselbstständig“ eingestuft zu werden. Selten kann einem jemand auf Nachfrage eindeutig sagen, wann Scheinselbstständigkeit vorliegt und wann nicht. Auch die Konsequenzen einer nachträglich festgestellten Scheinselbstständigkeit und das Risiko sind oft unklar.

Wie muss sich nun die Situation darstellen, damit der Sozialversicherungsträger bei Betriebsprüfungen eine Scheinselbstständigkeit von freien Mitarbeiter*innen eines Unternehmens vermutet? Welche Kriterien veranlassen die Prüfer*innen, näher hinzuschauen?

Definition – was ist Schein­selbstständig­keit?

Der Scheinselbstständigkeit liegt die Vermutung zugrunde, dass der/die Selbstständige nur formell als selbstständig auftritt, in Wirklichkeit aber eine „persönliche Abhängigkeit“ von dem/der Auftraggeber*in besteht. In der Realität besteht also eine Art Angestelltenverhältnis und die selbstständige Person kann als „Beschäftigte*r“ (Arbeitnehmer*in) eingeordnet werden. Der formale Vertrag, den der/die Selbstständige mit seinem/seiner Auftraggeber*in geschlossen hat, ist für die Rentenversicherung nur nebensächlich. Beurteilt wird die „gelebte Praxis“ der Arbeitsbeziehung.

Das Personen in die Scheinselbstständigkeit rutschen, passiert meist, weil ihre Auftraggeber*innen es vermeiden wollen, Sozialversicherungsbeitrage zu zahlen oder sich um Mindestlohn und Arbeitsschutz zu kümmern. Um gegen diese Form der Schwarzarbeit vorzugehen, wurde vom Sozialgesetzbuch (SGB) eine rechtliche Regelung initiiert und es wurden Kriterien festgelegt, die für eine Scheinselbstständigkeit sprechen. Trotz dieser Kriterien kann man jedoch nicht immer eindeutig sagen, wann jemand wirklich selbstständig und wann scheinselbstständig ist. Nicht nur Selbstständige fürchten somit oft, als scheinselbstständig abgestempelt zu werden, sondern auch Firmen werden zunehmend vorsichtig beim Beauftragen von freien Mitarbeiter*innen, weil sie befürchten, Strafen zu riskieren. 

Der Rechtsanwalt Holger Thieß hat im Rahmen unserer FIRMENHILFE Expertentipps zwei Interviews zum Thema Scheinselbstständigkeit gegeben.

Scheinselbstständigkeit erkennen - das sind die Kriterien

Beim Prüfen der Scheinselbstständigkeit wollen die Behörden bestätigt haben, dass sich die Beziehung zwischen dir und der Person, die dir einen Auftrag gibt, eindeutig von einem klassischen Angestelltenverhältnis unterscheidet. Denn nur wenn das gewährleistet ist, muss die Firma, für die du einen Auftrag ausführst, sich nicht um einen Arbeitsschutz kümmern und keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen.

Hast du aber Vorgaben deines/deiner Auftraggeber*in, die dich in deinem unternehmerischen Tun einschränken, kann das auf eine Scheinselbstständigkeit hindeuten. Ausschlaggebend ist dabei vor allem eure Zusammenarbeit in der Praxis und weniger, was ihr vertraglich ausgemacht habt. Um festzustellen, ob bei eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, gibt es gewisse Prüfkriterien, anhand welcher das Arbeitsverhältnis beurteilt werden kann. 

Kriterien, die für eine solche „persönliche Abhängigkeit“ sprechen (mit abnehmender Wichtigkeit):

  1. Weisungsgebundenheit: Der/die Selbstständige ist örtlich, zeitlich und fachlich an Weisungen des/der Auftraggeber*in gebunden und muss diese befolgen. Ort der Tätigkeit, Arbeitszeiten und Abläufe werden von dem/der Auftraggeber*in vorgegeben und können nicht selbst bestimmt werden.
  2. Abhängigkeit von einem Unternehmen: Bist du als selbstständige Person längerfristig für hauptsächlich ein Unternehmen tätig oder erzielst du einen Großteil deines Umsatzes durch nur eine/n Auftraggeber*in, kann das auf eine Scheinselbstständigkeit hindeuten. Um das zu wiederlegen, solltest du nachweisen können, auch tatsächlich für andere Auftraggeber*innen tätig zu sein. Da dieses Kriterium besonders ausschlaggebend ist, findest du detaillierte Informationen dazu im Kapitel zur 5/6 Regelung. 
  3. Eingliederung in den Betrieb: Bist du fest in einen Betrieb eingebunden, kann das möglicherweise auf eine Scheinselbstständigkeit hindeuten. Hinweise dafür sind z.B. die Existenz eines eigenen Arbeitsplatzes bei dem/der Auftraggeber*in, der Anschluss an deren IT, eine eigene E-Mail-Adresse in der Firma, Urlaubsabsprachen mit Kolleg*innen, die Teilnahme an Dienstbesprechungen und auch die dauerhafte Zusammenarbeit mit denselben Kolleg*innen.
  4. Leistungserbringung nur in eigener Person: Der/die Auftraggeber*in besteht auf die Zusammenarbeit mit der einen spezifischen Person des Selbstständigen („Ich will nur dich“). Vertretungen z.B. bei Urlaub und Krankheit werden nicht akzeptiert und eine Erfüllung des Auftrags durch eine andere von dem/der Selbstständigen beauftragten Fachkraft wird nicht erlaubt. 
  5. Verpflichtung, angebotene Aufträge zu übernehmen: Hier stellt sich die Frage: Kann die selbstständige Person jederzeit frei entscheiden, ob sie die vorliegenden Aufträge annimmt oder ist sie verpflichtet abzuarbeiten, was immer anfällt?
  6. Unternehmerisches Auftreten/Kapitaleinsatz: Verfügt der/die Selbstständige z.B. über eine eigene Website und Geschäftspapiere, eigene Geschäftsräume bzw. ein abgetrenntes Homeoffice, betriebliche genutzte Fahrzeuge u.ä.? Setzt er Kapital für die Anschaffung von Maschinen etc. ein? Diese Faktoren sprechen für eine „echte Selbstständigkeit“.
  7. Einheitliche Behandlung mit Arbeitnehmer*innen: Entsprechen die Tätigkeiten der selbstständigen Person denen von Angestellten und wird sie wie diese behandelt? Wenn z.B. drei Arbeitnehmer*innen des/der Auftraggeber*in exakt das Gleiche tun, wird es schwierig, eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit zu verneinen. Besondere Vorsicht gilt hier bei dem Stundensatz: Selbstständige sollten erheblich mehr bekommen als Angestellte bei einer gleichen/ähnlichen Tätigkeit. 
  8. Aufnahme in den Dienstplan: Werden selbstständig Tätige in den formalen Dienstplan des Unternehmens integriert (z.B. freie Pflegekräfte in den Dienstplan eines Pflegeheims), ist dies ebenfalls ein starker Hinweis auf eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit.
  9. Berichterstattungspflichten: Muss die selbstständige Person dem/der Auftraggeber*in bzw. seinen Mitarbeiter*innen Bericht über ihren Einsatz erstatten. Oder ist dieser in das Berichtswesen des Unternehmens eingegliedert?

Hinweis: Keines dieser Prüfkriterien entscheidet an und für sich, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Hier kommt es auch immer auf eine Betrachtung der Bedingungen im Einzelfall an.     

 

5/6-Regelung

Insbesondere bei dem Kriterium zur Abhängigkeit von einem Unternehmen gibt es allerdings auch einen Sonderfall: Eine Ausnahme stellt die Einstufung als „arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger“ dar. Dies ist dann der Fall, wenn ein*e Unternehmer*in nach den oben beschriebenen Kriterien zwar nicht scheinselbstständig ist, aber im Wesentlichen (5/6 des Umsatzes) nur für eine*n Auftraggeber*in tätig ist. In diesem Fall besteht Rentenversicherungspflicht und der/die Selbstständige muss die vollen Rentenbeiträge selbst zahlen. 

Für die Einschätzung „Im Wesentlichen“ hat sich die 5/6-Regelung als Orientierungshilfe etabliert: Um die Rentenversicherungspflicht zu vermeiden, darfst du als Selbstständige*r nicht mehr als 5/6 deines Umsatzes mit einem/einer einzigen Auftraggeber*in machen.  

UG und GmbH

Ist dein Unternehmen eine UG oder eine GmbH ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und damit eine Scheinselbstständigkeit grundsätzlich ausgeschlossen. Der Grund dafür: Als UG oder GmbH begegnest du Auftraggeber*innen als Gesellschaft in Form einer juristischen Person. Eine juristische Person kann niemals ein/eine Arbeitnehmer*in sein. Trotzdem ist Vorsicht geboten: Handelt es sich um eine Ein-Personen-UG (haftungsbeschränkt) oder eine Ein-Personen-GmbH, reicht diese Regelung meist nicht aus, um eine Scheinselbstständigkeit auszuschließen. Grundsätzlich solltest du deine Selbstständigkeit also eindeutig in der Praxis umsetzen und leben.    

Wer prüft und wie sieht die Prüfung aus?

Meistens ist es die Deutsche Rentenversicherung, die prüft, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Dazu werden zunächst per Zufall Fragebögen an Selbstständige gesendet, in denen es um einige der oben genannten Prüfkriterien geht. Wird eine Scheinselbstständigkeit vermutet, wird ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren der Rentenversicherung (Clearingstelle DRV) eingeleitet. Hierzu erfolgt eine Befragung von sowohl Auftraggeber*in und als auch Auftragnehmer*in anhand eines Fragebogens.

Daneben können auch die Behörden der Zollverwaltung als Maßnahme gegen Schwarzarbeit untersuchen, ob jemand scheinselbstständig ist. Diese Fälle kommen häufig auch vor Gericht. Außerdem kannst du dich als selbstständige Person oder Auftraggeber*in auch selbst - solange die Rentenversicherung noch nicht aktiv geworden ist – an die Clearingstelle wenden und eine Statusfeststellung beantragen. 

Beim Statusfeststellungsverfahren wird überprüft, ob du die Kriterien der Selbstständigkeit (z. B. eigene Verkaufspreise, eine Betriebsstätte, selbstbestimmte Arbeitszeiten usw.) erfüllst. Über dieses Verfahren werden alle Beteiligten informiert, um es ihnen zu ermöglichen, Beweise für eine „echte Selbstständigkeit“ vorzulegen.

TIPP: Wenn du selbst eine bessere Einschätzung und mehr Klarheit darüber bekommen möchtest, wie groß dein Risiko der Scheinselbstständigkeit ist, bietet es sich an, den Fragebogen der Rentenversicherung einmal für dich auszufüllen. Du erhältst ihn hier zum Download. Wenn du aus Hamburg kommst, kannst du diesen Fragebogen gerne für ein Feedback an die FIRMENHILFE schicken.

Reform des Statusfeststellungsverfahrens ab April 2022: Das sind die Neuerungen

Im Mai 2021 wurde eine Reform des Statusfeststellungsverfahrens beschlossen, die seit dem 01.04.2022 gültig ist. Das Statusfeststellungsverfahren leitet die Rentenversicherung ein, um zu prüfen, ob du tatsächlich selbstständig bist oder ob deine Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist. 

Mit der Reform sollen sich die Richtlinien und Fragen für die Bewertung des Erwerbsstatus ändern. Zukünftig soll bei der Überprüfung nur noch der Erwerbsstatus betrachtet werden, also die Frage nach der Form deiner Beschäftigung (selbstständig oder abhängige Tätigkeit). Die Sozialversicherungspflicht wird bei der Überprüfung nicht mehr abgefragt. 

Prognoseentscheidung

Eine Neuerung ist die Prognoseentscheidung. Das ist eine freiwillige Statusfeststellung, die du bereits vor der Aufnahme deiner Tätigkeit beantragen kannst. Änderst du nach Beginn deiner Tätigkeit etwas an deiner Beschäftigung, muss das von allen Vertragsparteien schriftlich nachgereicht werden. 

Dreieckskonstellationen

Wird dir beispielsweise ein Auftrag von einer dritten Person vermittelt, ist diese an deiner Tätigkeit beteiligt und man spricht von einer Dreieckskonstellation. Mit der Reform besteht nun die Möglichkeit, mehrere Auftragsverhältnisse zu prüfen, die letztendlich über verschiedene Mittelspersonen zum/zur gleichen Auftraggeber*in führen. Ähnlich verhält es sich mit der sogenannten Gruppenfeststellung: Mehrere Tätigkeiten, die sich in Form und Umständen ähnlich sind, können nun in einem einheitlichen Verfahren geprüft werden. Das können mehrere ähnliche Auftragsverhältnisse eines/einer Auftraggeber*in gegenüber unterschiedlicher Auftragnehmer*innen sein oder mehrere Auftragsverhältnisse einer selbstständig erwerbstätigen Person zum/zur gleichen Auftraggeber*in. 

Was bedeutet das für Unternehmer*innen? 

Die Kriterien zur Prüfung einer vorliegenden Scheinselbstständigkeit (z. B. 5/6-Regelung) haben sich mit der Reform nicht verändert, wodurch Unsicherheiten bezüglich der rechtlichen Vorgaben weiterhin bestehen. Lediglich die Möglichkeit zur Prognoseentscheidung vor Aufnahme deiner Tätigkeit sowie eine vereinfachte Klärung von Dreieckskonstellationen ist neu. Um das Risiko einer Scheinselbstständigkeit zu minimieren, solltest du weiterhin die Prüfkriterien und unsere Tipps am Ende des Beitrags beherzigen. 

Welche Folgen hat die Feststellung einer Schein­selbstständig­keit?

Welche Folgen hat es nun, wenn du von der Rentenversicherung als scheinselbstständig eingestuft wirst? Die Folgen machen sich vor allem in den Sozialversicherungsbeiträgen und der Renten- und Krankenversicherung bemerkbar, da man als scheinselbstständige Person sozialversicherungspflichtig ist. Das Risiko für Selbstständige bleibt dabei aber erst mal überschaubar. 

Zunächst muss der/die bisherige Auftraggeber*in alle rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge (inkl. Arbeitnehmeranteil) zzgl. Säumniszuschläge bis zu vier Jahre rückwirkend nachzahlen. Der/die Auftraggeber*in darf maximal für drei Monate durch Einbehalt auf die Bezüge des/der Selbstständigen zurückgreifen. Soll die Zusammenarbeit fortgesetzt werden, kann dies jetzt nur noch im Arbeitnehmerstatus erfolgen. Wird darüber hinaus Vorsätzlichkeit bei dem/der Auftraggeber*in festgestellt, muss er/sie ein hohes Bußgeld zahlen und die Nachzahlungspflicht verjährt nicht mehr nach vier, sondern nach 30 Jahren. 

Darüber hinaus hat eine Scheinselbstständigkeit auch Folgen für das Steuerrecht, da Selbstständige und Festangestellte verschieden besteuert werden. Der/die Auftraggeber*in muss diese Unterschiede ausgleichen und die nicht gezahlte Lohnsteuer an das Finanzamt zahlen.  

Für Selbstständige hat die Feststellung einer Scheinselbstständigkeit zur Folge, dass sie ihre Tätigkeit – wenn einmal als scheinselbstständig deklariert – nur noch in einem Festangestelltenverhältnis fortführen dürfen. Sie müssen sich also entscheiden: Von guten Aufträgen verabschieden oder von der eigenen Selbstständigkeit.  

Wie kann man mehr Sicherheit erlangen?

Speziell für diese Zielgruppe und um eine grobe Annäherung an die Beantwortung der Frage: „Bin ich (möglicherweise) scheinselbstständig“? zu ermöglichen, hat Christa Weidner zusammen mit dem Rechtsanwalt Dr. Benno Grunewald einen „Scheinselbstständigkeits-Navigator“ auf der Basis eines Online-Fragebogens entwickelt. Grundsätzlich können auch Solo-Selbstständige aus anderen Bereichen dieses Tool nutzen.

Dieser Navigator kann von den Auftraggeber*innen genutzt werden, um eine erste Einschätzung zu bekommen. Er umfasst insgesamt 40 Fragen zu den Punkten, die auch für die DRV Prüfgegenstand sein könnten. Es liegt in der Sache dieser komplexen Materie, dass viele Fragen nicht einfach mit Ja oder Nein zu beantworten sind, bzw. es noch weiteren Erläuterung bedraf. Dies wiederum würde aber auch Spielraum bei einer eventuellen Überprüfung ermöglichen.

So können nun z.B. bei der Feststellung, ob ein echtes „unternehmerisches Auftreten“ vorliegt, auch Punkte geprüft werden wie: Ist das überprüfte Mitglied in einem Berufsverband, hat er ein eigenständiges und kostenpflichtiges Profil auf einer Branchen-Plattform, besteht eine Berufshaftpflicht-Versicherung?

Auf jeden Fall kann es die Sensibilität für kritische Vertragspunkte erhöhen und die Auftragnehmer*innen können auf die entsprechende Formulierung der selbigen hinwirken. Eine absolute Sicherheit gibt es allerdings nur, wenn die oben genannten Aspekte einer Prüfung standhalten und in der Praxis auch nachweislich so gelebt werden.

Tipps: Schein­selbstständig­keit vermeiden

Schon zu Beginn deiner Selbstständigkeit und im Laufe deiner unternehmerischen Tätigkeiten kannst du einiges tun, um eine spätere Scheinselbstständigkeit zu vermeiden. 

  • Viele versuchen, sich mit der Erstellung von Werk- oder Honorarverträgen zu schützen und greifen dabei auf Standardverträge zurück. Rechtsanwält*innen raten hier dazu, stattdessen auf abgegebene Angebote, Auftragsbestätigungen und eigene AGB zu setzen.
  • Wer an Verträgen festhält, sollte darauf achten, dabei die o.g. Kriterien für eine „persönliche Abhängigkeit“ nicht eins-zu-eins abzuhandeln. Das trägt im Falle eines Statusfeststellungsverfahrens nur noch mehr zur Einschätzung bei, dass vertraglich versucht wurde, keine Angriffsfläche zu bieten. Dann wird umso mehr auf die „gelebte Praxis“ geschaut und ob diese vom Vertragswerk abweicht.
  • Manchmal ist es schwer, die „gelebte Praxis“ zu beweisen. Sammle hierfür möglichst viele Informationen wie kurzfristige Auftragsabsagen und Wiederbeauftragung; Gewährung von Urlaub/ Verschiebung von Zeiten, damit andere Aufträge angenommen werden können; Einladungen zu (verpflichtenden) Team-Meetings, bei denen es externen Mitarbeiter*innen ermöglicht wird, freiwillig teilzunehmen usw.
  • Es hat sich gezeigt, dass der Punkt des „unternehmerischen Auftretens“ des/der Auftragnehmer*in eine große Rolle spielt. Handelt es sich um eine „echte“ Selbstständigkeit? Wichtig sind hier aussagekräftige Websites, schriftliche Angebote, Themen, die besetzt werden und ein Expertentum belegen, erreichen von Stundensätzen, die eine tragfähige Selbstständigkeit zulassen etc.

 

Fazit

Scheinselbstständigkeit ist für viele Soloselbstständige, Kleinunternehmer*innen und Auftraggeber*innen ein mühsames Thema. Da es in Deutschland keine eindeutigen rechtlichen Regelungen gibt und es an harten Kriterien mangelt, ist eine Beurteilung oft schwer, da niemand eindeutig sagen kann, wann eine Scheinselbstständigkeit vorliegt und wann nicht. Um das Risiko einer Scheinselbstständigkeit zu vermeiden, empfiehlt es sich daher bei deiner Selbstständigkeit die genannten Prüfkriterien zu beachten und ggf. deine Tätigkeiten anzupassen. Darüber hinaus sollest du dein „unternehmerisches Auftreten“ sicherstellen, alles aufbewahren, was im Zweifelsfall deine Selbstständigkeit belegen könnte und nicht zu sehr an Verträgen festhalten, sondern deine Selbstständigkeit viel mehr in der Praxis leben. Wird dennoch ein entsprechendes Verfahren wegen vermuteter Scheinselbstständigkeit eingeleitet, empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt/ eine Rechtsanwältin mit Erfahrung in diesem Bereich heranzuziehen. 

 

Podcast-Tipp:

Das Thema Scheinselbstständigkeit treibt seit Jahrzehnten sowohl Selbstständige als auch Arbeitgeber*innen um. In Folge #50 vom KriseChance-Podcast beleuchtet Marco Habschick zusammen mit Rechtsanwältin Mareike Biesold das spannende und manchmal auch überschätzte Thema Scheinselbstsändigkeit. Reinhören lohnt sich!

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bhp