Krise

Corona-Krise: Schnelle Hilfen für Kunstschaffende und Kreative

von Susanne Schreck

Theater sind geschlossen, Konzerte wurden abgesagt, Fotoshootings verschoben und Aufträge storniert – die Kunst- und Kulturszene ist besonders heftig von der Corona-Krise betroffen. Viele Kreative müssen seit Monaten mit Verdienstausfällen kämpfen und geraten unverschuldet in wirtschaftliche Not. Besonders hart trifft es diejenigen, die aufgrund ihrer ohnehin schon prekären Verdienstmöglichkeiten keine Rücklagen bilden konnten.

Wenn du zu dieser Berufsgruppe gehörst und du dich fragst, was du tun kannst, um deine wirtschaftliche Existenz zu sichern, bekommst du in diesem Artikel die wichtigsten Antworten.

Zuvor ein Hinweis in eigener Sache: Die FIRMENHILFE Hamburg hat bereits viele Handlungsempfehlungen für Freiberufler*innen und Solo-Selbstständige veröffentlicht, die unter der Corona-Krise leiden. Wirf doch mal einen Blick in unser Krisen-Cockpit. Dort findest du viele Informationen und Tipps, die von uns ständig aktualisiert werden. Und falls du es nicht schon getan hast, empfehlen wir Ihnen, sich unseren Podcast KriseChance anzuhören– vielleicht bei einem kleinen Spaziergang an der frischen Luft.

Was JETZT zu tun ist: Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Liquidität

Das Wichtigste, was jetzt auf deiner To-do-Liste ganz oben steht, klingt banal: Sicher deine Liquidität. Unternimm alles, um deine Kosten zu senken und irgendwie Geld in die Kasse zu bekommen.

Diese Maßnahmen können helfen, deine noch vorhandene Liquidität zu schonen:

Steuervorauszahlungen aussetzen

Du kannst deine Steuervorauszahlungen senken oder sogar eine Zeit lang aussetzen – wer keine Gewinne macht, muss ohnehin keine Steuern zahlen. Das Finanzamt ist daher aktuell einer deiner ersten wichtigen Ansprechpartner.

Falls du Steuerschulden hast, kannst du beantragen, diese zu stunden oder in Raten zu begleichen. 

Ruf am besten gleich bei deinem Finanzamt an und erklär deine Situation. Es arbeiten dort Menschen, die in aller Regel sehr viel Verständnis für die derzeitige Notlage aufbringen. So genügt aktuell oft schon ein Telefonat, wo unter normalen Umständen ein schriftlicher Antrag erforderlich wäre.

Beiträge zur Künstlersozialkasse (KSK) reduzieren

Auch deine monatlichen Beiträge zur Künstlersozialkasse, also deiner Sozialversicherung, kannst du recht schnell und einfach reduzieren, denn auch diese werden ja nach Einkommenshöhe berechnet. Daher musst du jetzt bei der KSK deine Einkommenserwartung für das laufende Jahr nach unten korrigieren. Auf der Internetseite der KSK findest du einen Vordruck, in den du kommentarlos deine geänderte Prognose eintragen kannst. Anschließend druckst du den Vordruck aus, unterschreibst ihn und schickst ihn an die KSK. Schon ab dem folgenden Monat musst du dann nur noch den angepassten Beitragssatz zahlen.

Denk daran, dass deine Änderung nur für die Zukunft gilt. Bereits gezahlte Beiträge kannst du nicht zurückfordern! Also zögere nicht, sondern schicke noch heute deine Änderungsmitteilung an die KSK.

Ausfallhonorare einfordern und Teilrechnungen stellen

Prüfe deine Verträge, ob du für abgesagte Veranstaltungen, für die du gebucht warst, ein Ausfallhonorar verlangen kannst. Denk daran, dass auch mündliche und informelle Vereinbarungen (zum Beispiel per E-Mail oder WhatsApp) rechtlich wirksam sein können.

Für laufende Projekte, die durch den allgemeinen Lockdown gestoppt wurden, für die du aber bereits Leistungen erbracht hast, kannst du zumindest einen Teil des vereinbarten Honorars in Rechnung stellen.

Wichtig: Dokumentiere alle Einnahmeausfälle mit Datum, Zeitumfang und Honorarhöhe. Hebe alle Verträge, E-Mails, Flyer oder sonstigen Unterlagen auf. Vielleicht brauchst du diese, um später deine Ausfälle und somit deinen Anspruch auf öffentliche Finanzhilfen belegen zu können.

Ein Tipp für die Zukunft ist dann natürlich: Versuche ab sofort ein Ausfallhonorar für solche Situationen zu vereinbaren.

Mietzahlungen stunden

Trau dich ruhig, mit deinem/deiner Vermieter*in über deine Situation zu sprechen und bitte ihn oder sie um die Möglichkeit einer zinsfreien Mietstundung.

Übrigens: Auch viele städtische Gebühren können auf Antrag gestundet oder gar erlassen werden. Erkundige dich bei den zuständigen Stellen.

Überbrückungskredite beantragen

Die Förderprogramme für Unternehmen der Förderbank KfW wurden aufgestockt und durch zusätzliche Sonderkreditprogramme und Liquiditätshilfen ergänzt. Desgleichen haben die Bundesländer ihre Förderprogramme für Unternehmen und Selbstständige ausgebaut, um ihnen durch diese schwierige Zeit zu helfen. So gibt es in Hamburg unter anderem das Programm Hamburg-Kredit Liquidität (HKL) ein Rettungsdarlehen, das kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) auch aus der Kulturszene dabei helfen soll, ihre Betriebsmittel trotz Krise zu bestreiten und eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden.

Das Problem: Die Konditionen der Rettungsdarlehen von Bund und Ländern mögen noch so fair sein – irgendwann müssen sie zurückgezahlt werden. Wenn deine Einnahmen vor der Krise schon wenig Spielraum ließen, solltest du dir gut überlegen, ob du nach der Krise in der Lage sein wirst, einen Kredit abzustottern.

Öffentliche Zuwendungen laufen weiter

Wenn du als freie*r Künstler*in oder Kulturschaffende*r öffentlichen Zuwendungen bekommst, etwa von der Behörde für Kultur und Medien, kannst du beruhigt sein: Sämtliche Förderzusagen der Stadt bleiben bestehen, auch wenn die geplanten Projekte jetzt nicht mehr oder in anderer Form umgesetzt werden können.

Grundsicherung/ALG II beantragen

Wenn wirklich gar nichts mehr geht und du nicht weißt, wie du deinen Kühlschrank füllen sollst, ist es Zeit, über die Grundsicherung (auch als Arbeitslosengeld II oder Hartz 4 bekannt) nachzudenken. Das kann eine sinnvolle Möglichkeit sein, um deine Einnahmeverluste vorübergehend auszugleichen.

Die gute Nachricht ist: Als Reaktion auf die Krise wurden einige Erleichterungen eingeführt. Bis Dezember 2022 gilt, dass Rücklagen nicht aufgebraucht werden müssen und Mietkosten ohne Prüfung übernommen werden.

Allerdings ist es nach wie vor so, dass auch das Einkommen von Familienangehörigen bzw. Lebenspartner*innen, die mit dir in einem Haushalt leben, bei der Prüfung der Ansprüche berücksichtigt werden (Bedarfsgemeinschaft).

Zuständig ist der Standort für Selbstständige des Jobcenters Hamburg. Du kannst dich an die Telefonhotline (040 182293111) wenden. Oder du nimmst per E-Mail Kontakt auf.

Entschädigungen für Verdienstausfall infolge von Quarantäneauflagen

Das Infektionsschutzgesetz sieht vor, dass auch Freiberufler*innen und Selbstständige für die Zeit einer amtlich verordneten Quarantäne eine Entschädigung bekommen. Wie hoch diese Entschädigung ausfällt, wird anhand deines letzten Steuerbescheids ermittelt. Voraussetzung ist, dass die Quarantäne oder das Tätigkeitsverbot vom Gesundheitsamt angeordnet wurde und du nicht von Zuhause aus weiterarbeiten kannst. Wenn du nicht bei der KSK, sondern privat versichert bist, ist zudem eine Erstattung deiner privaten Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge möglich.

Solltest du dich freiwillig in Quarantäne begeben und deshalb kein Einkommen mehr beziehen, kannst du keine Entschädigung bekommen.

Den Antrag auf Entschädigung musst du innerhalb von drei Monaten stellen. Zuständig sind die Bezirksämter und deren Gesundheitsämter.

Was Arbeitgeber*innen und Kultureinrichtungen tun können

Du hast ein kleines kreatives Unternehmen mit einem oder mehreren Angestellten? Dann solltest du schnell prüfen, ob du Kurzarbeit beantragen kannst. Das ist nicht schön, aber immer noch besser, als Kündigungen aussprechen zu müssen.

Das Kurzarbeitergeld wird von der Bundesagentur für Arbeit übernommen. Es beträgt 60 bis 67 Prozent des Nettolohns – wahrscheinlich demnächst noch mehr. Außerdem werden die Sozialbeiträge erstattet, die du als Arbeitgeber*in zu zahlen hättest.

Die IFB Hamburg hat zudem ein Kreditprogramm aufgelegt, das speziell den Kultureinrichtungen der Stadt das Überleben in der Corona-Krise ermöglichen soll. Mit dem IFB-Förderkredit Kultur Fördermodul Corona können Betriebskosten finanziert werden. Den Antrag findest du auf der Seite der IFB. Er muss per Post an die IFB Hamburg geschickt werden. 

Und zum Schluss: Digitalisierung als Chance – was du mittelfristig tun kannst

Die aktuelle Krise führt zu einer Art Zwangsdigitalisierung, der sich auch die Kultur- und Kreativszene nicht entziehen kann. Künstler*innen geben Online-Konzerte aus dem Homeoffice, ganze Theateraufführungen werden vom Publikum per Livestream am heimischen Rechner verfolgt und Museums- oder Architekturführungen finden virtuell statt.

Überlege auch du, ob und wie du dein Geschäftsmodell digitalisieren kannst, um weiterhin Einkünfte zu generieren. Kleine Geschäfte können Onlineshops einrichten bzw. ausbauen oder über Onlinemarktplätze wie Etsy oder Avocadostore ihre Produkte vertreiben. (Musik-) Unterricht ist über Videochat möglich. Textil-Designer*innen können Schutzmasken entwerfen und schneidern – und, und, und.

Bevor du sich verzettelst, weil du vor lauter Ideen nicht weißt, womit du anfangen sollst, oder im Gegenteil verzagst, weil dir einfach nichts einfallen will: Absolviere unseren Schnellkurs zum Thema Geschäftsmodell. Der Kurs vermittelt dir in aller Kürze, wie du dein Geschäftsmodell jetzt anpassen oder verbessern kannst, um trotz Krise Einnahmen zu generieren und/oder danach neu durchstarten zu können.

Sehe den gegenwärtigen Ausnahmezustand auch als Chance, Neues auszuprobieren. Trau dich einfach – niemand erwartet, dass alles auf Anhieb funktioniert. Hauptsache, du wirst jetzt aktiv und nimmst die Zügel wieder in die Hand.

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bhp