Das eigene Arbeitszimmer als Betriebsausgabe absetzen? Wir zeigen dir, was es zu beachten gibt! 


Bürgergeld für Selbstständige
Gibt es das?

14.12.2023

Viele Selbstständige, deren Einkommen zum Leben nicht reicht, wissen gar nicht, dass sie Anspruch auf staatliche Hilfen haben. Genauer gesagt auf das Bürgergeld (ehemals Arbeitslosengeld 2 oder Hartz IV genannt)

In unserer Verfassung steht, dass alle Menschen in Deutschland ein Anrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum haben. Wer in Not gerät und nicht selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann, hat deshalb Anspruch auf staatliche Hilfen. Menschen, die zu krank oder zu alt sind, um zu arbeiten, bekommen Sozialhilfe. Menschen, die keine Arbeit finden oder trotz Arbeit so wenig verdienen, dass sie das Existenzminimus nicht erreichen, bekommen Bürgergeld.

Das Bürgergeld wird komplett aus Steuern finanziert und ist keine Versicherungsleistung. Der Anspruch darauf hängt also nicht – wie beim Arbeitslosengeld – davon ab, ob man genügend Beitragsmonate vorweisen kann. Er setzt lediglich die Bedürftigkeit einer Person voraus.

Du musst folglich auch nicht arbeitslos sein, um Bürgergeld zu beziehen. Wenn dein Einkommen nicht reicht, um den Lebensunterhalt für dich selbst und deine Familie zu bestreiten, kannst du es durch das Bürgergeld ergänzen. Mehr als ein Viertel aller Empfänger*innen des Bürgergelds ist erwerbstätig (angestellt oder selbstständig). Sie bilden die Gruppe der sogenannten Aufstocker*innen.

Mit der Gewährung des Bürgergelds zielt der Staat darauf, allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen. Dabei gilt das Prinzip „Fördern und Fordern“: Wer nicht redlich daran mitwirkt, seinen Lebensunterhalt möglichst schnell wieder aus eigener Kraft zu bestreiten, wer sich nicht an die Vereinbarungen hält oder Fristen versäumt, dem kann diese finanzielle Unterstützung gekürzt oder sogar gestrichen werden.

Bürgergeld-Rechner

Mit unserem Bürgergeld-Rechner kannst du direkt & kostenlos deinen Anspruch berechnen

Kann ich Bürgergeld beziehen, wenn ich selbstständig bin?

Während für Angestellte eine Pflichtversicherung besteht, die sie vor den größten Risiken des Lebens wie Alter, Krankheit und Arbeitslosigkeit schützt, bleibt es Unternehmer*innen und Freiberufler*innen selbst überlassen, sich abzusichern. Doch häufig bleibt diese freiwillige Absicherung auf der Strecke. Viele Selbstständige glauben, sie müssten im Notfall allein zurechtkommen – ein Irrtum. In Deutschland haben alle Personen im erwerbsfähigen Alter, die mindestens drei Stunden täglich arbeiten können, Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nur zum Teil aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können.

Dazu gehören auch Existenzgründer*innen und Unternehmer*innen, die durch ihre selbstständige Tätigkeit vorübergehend zu wenig Geld verdienen, um davon leben zu können. Voraussetzung ist, dass ihr Aufenthaltsort überwiegend in der Bundesrepublik ist. Der Leistungsanspruch gilt auch für ihre Angehörigen, die mit ihnen in einem Haushalt, in der Amtssprache Bedarfsgemeinschaft genannt, zusammenleben.

Podcast-Tipp:

InStart-Berater Johannes Breiding teilt in der KriseChance Folge #52 seine Erfahrungen aus der Beratung. Ihm fällt in den Gesprächen immer wieder auf, dass viele Selbständige das Bürgergeld (früher: Arbeitslosengeld 2) trotz einer finanziellen Problemlage viel zu spät beantragen und stattdessen erst mal ihre Ersparnisse aufbrauchen. Wann genau du berechtigt bist und welche Unterstützungsleistungen du beantragen kannst, das erfährst du im Podcast! 

Welche Leistungen umfasst das Bürgergeld?

Wie hoch das Bürgergeld ausfällt, ist individuell sehr unterschiedlich und hängt unter anderem von den Wohnkosten, der Anzahl der Kinder und vom Einkommen ab.

Das Bürgergeld setzt sich aus mehreren Teilen zusammen:

Der sogenannte Regelbedarf umfasst die Ausgaben des täglichen Bedarfs, also etwa die Kosten für Lebensmittel oder Bekleidung. Die Höhe wird jedes Jahr vom Gesetzgeber angepasst und richtet sich unter anderem nach dem Familienstand des Antragstellers. Derzeit gilt ein Regelsatz für alleinstehende Erwachsene von 563 Euro im Monat (Stand: Januar 2024).

Hinzu kommt der Bedarf für die Wohnkosten inklusive Nebenkosten (Bedarf der Unterkunft – BdU). Anders als beim früheren Arbeitslosengeld 2 gibt es beim Bürgergeld eine Schonzeit für die Empfänger*innen. Das heißt, dass die Jobcenter im ersten Jahr noch nicht prüfen, ob die Kosten für die Unterbringung angemessen sind. Sie übernehmen die Wohnkosten, egal wie hoch sie sind. Du musst also keine Angst vor einem Umzug haben, wenn du Bürgergeld beantragst, sondern kannst dich in Ruhe darum kümmern, dass deine Geschäfte wieder laufen, sodass du möglichst bald wieder unabhängig vom Bürgergeld wirst. 

Wenn du aufgrund deiner besonderen Lebenssituation einen erhöhten Bedarf hast, zum Beispiel weil du chronisch krank oder alleinerziehend bist, kann sich daraus ein Anspruch auf zusätzliche finanzielle Unterstützung ergeben. Auch für einmalige Belastungen, etwa die Erstausstattung einer neuen Wohnung, kannst du beim Jobcenter einen Mehrbedarf anmelden.

Wenn du mit Kindern oder Jugendlichen zusammenlebst, gibt es außerdem Zuschüsse für Schulausflüge, Nachhilfe, Mitgliedsbeiträge im Sportverein oder Musikunterricht. Diese Zuschüsse werden auch Bildungsgutscheine genannt. Im Amtsdeutsch heißt das „Bedarf für Bildung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen“.

Zusätzlich werden die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung übernommen, was für Selbstständige mit geringem Einkommen eine große Hilfe sein kann.

Darf ich selbstständig bleiben, auch wenn ich Bürgergeld beziehe?

Das zweite Sozialgesetzbuch (SGB II) setzt keine Arbeitslosmeldung voraus. Es ermöglicht Selbstständigen die Fortsetzung ihrer Tätigkeit, solange eine positive Prognose für die Zukunft ihres Unternehmens gestellt werden kann. 

Wenn du Bürgergeld beantragst und dein Unternehmen weiter fortführen möchtest, musst du die Sachbearbeiter*innen im Jobcenter mit konkreten Zahlen und Fakten davon überzeugen, dass es dir in absehbarer Zeit gelingt, deine Bedürftigkeit durch deine selbstständige Tätigkeit zu überwinden. Andernfalls kannst du aufgefordert werden, deine Selbstständigkeit aufzugeben und dich um eine Anstellung zu bemühen. Schon aus diesem Grund sollte das Bürgergeld für dich nur ein Rettungsanker in höchster Not sein.

Die Leistungen nach dem zweiten Sozialgesetzbuch werden übrigens erst dann gezahlt, wenn keine vorrangigen Sozialleistungsansprüche bestehen. Zu den vorrangigen Leistungen zählen insbesondere

  • das Wohngeld
  • der Kinderzuschlag (nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes)
  • der Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen (nach § 26 SGB II)

Prüfe zunächst, ob du Anspruch auf diese Leistungen hast. Das kann dich davor bewahren, einen Antrag auf Bürgergeld zu stellen.

Wie stelle ich den Antrag auf Bürgergeld?

Bürgergeld bekommt nur, wer es beantragt, und auch erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. Ansprechpartner ist nicht die Arbeitsagentur oder einer der anderen Sozialversicherungsträger in Deutschland, sondern das örtliche Jobcenter. In Hamburg gibt es einen eigenen Standort für Selbstständige.

Der Antrag auf Bürgergeld ist recht umfangreich und setzt sich aus mehreren Anlagen zusammen. Du kannst sie im Internet herunterladen und ausdrucken. Erfahrungsgemäß ersparst du dir aber viel Zeit und Arbeit, wenn du den Antrag zunächst formlos vor Ort bei deinem Jobcenter stellst und dir von deinem/deiner Sachbearbeiter*in alle erforderlichen Formulare samt Checklisten mitgeben lässt. Der Vorteil ist, dass die Leistung dann für den gesamten Monat gezahlt wird, indem du mit deinem/deiner Sachbearbeiter*in gesprochen hast, weil du ab diesem Zeitpunkt bereits als Antragsteller*in im System vermerkt bist.

Folgende Unterlagen bringst du am besten bereits zu deinem ersten Termin im Jobcenter mit:

  • Deinen Personalausweis
  • Unterlagen über Einkommen, insbesondere Einkommen aus deiner Selbstständigkeit (Anlage EKS, dazu unten mehr)
  • Nachweise über Vermögen
  • Nachweise deiner Mietkosten inklusive Nebenkosten (Mietvertrag, Nebenkostenabrechnung)

Anders als das Arbeitslosengeld 1, das in der Regel nach einem Jahr ausläuft, wird das Bürgergeld grundsätzlich so lange gezahlt, wie die Bedürftigkeit anhält. In der Praxis wird es allerdings zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten bewilligt. Nach Ablauf dieser Frist prüft das Jobcenter erneut, ob die Gründe für den Arbeitslosengeldbezug weiter bestehen, ob du also weiterhin als bedürftig giltst. Denk daran, rechtzeitig einen Weiterbewilligungsantrag zu stellen.

Was ist die Anlage EKS für Selbstständige?

Eine der Anlagen zum Bürgergeld-Antrag, die du als Selbstständige*r auszufüllen hast, ist die Anlage EKS. Die Abkürzung EKS steht für Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit.

Das Einkommen aus dieser Tätigkeit darf eine bestimmte Höhe nicht überschreiten und wird, gemeinsam mit dem übrigen anrechenbaren Einkommen, das die Mitglieder deiner Bedarfsgemeinschaft erwerben, auf das Bürgergeld angerechnet.

In der Anlage EKS musst du unter anderem angeben, seit wann du selbstständig bist, welchem Gewerbe du nachgehst und welche Rechtsform dein Unternehmen hat. Außerdem wirst du gefragt, ob du irgendwelche öffentlichen Zuschüsse empfangen hast (zum Beispiel den Gründungszuschuss), ob du Darlehen aufgenommen hast und ob du Personal beschäftigst. Du musst Angaben zu deinen Betriebsräumen machen und Zahlen zu Einnahmen, Umsätzen und Betriebsausgaben nennen.

Die Anlage EKS dient deinem/deiner Sachbearbeiter*in dazu, die Höhe des Arbeitslosengeldes zu ermitteln und abzuschätzen, ob deine Selbstständigkeit mittelfristig dazu führen wird, dass du wieder auf eigenen Beinen stehst.

Hier ein Anleitungsvideo von unserem Kooperationspartner InStart, wie man ein EKS-Formular richtig ausfüllt.

Vorsicht Falle: Zu hohe Einnahmen führen zu Rückzahlungen

Es kommt immer wieder vor, dass Selbstständige aufgefordert werden, ihr Bürgergeld ganz oder in Teilen zurückzuzahlen. Der Grund dafür liegt darin, dass die Angaben zum Einkommen, die zur Bewilligung der Leistungen herangezogen werden, lediglich eine Schätzung auf Basis der Zahlen aus der Vergangenheit darstellen. Wenn du in den Monaten vor deiner Antragstellung nur sehr geringe Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit hattest, du im Bewilligungszeitraum aber überraschend wieder mehr Geld verdienst, musst du die zu viel gezahlten Leistungen zurückzahlen. Das Jobcenter merkt das spätestens dann, wenn du für deinen Folgeantrag deine Einkünfte der letzten Monate nachweisen musst. Es kann sogar sein, dass dein Anspruch ganz entfällt, wenn dein Einkommen in dieser Zeit über der Grenze der Bedürftigkeit lag.

Wir raten selbstständigen Aufstocker*innen deshalb, unbedingt ihre Einkünfte im Hinblick auf die Bedürftigkeitsgrenzen im Blick zu behalten und Rücklagen zu bilden, sobald die Geschäfte wieder besser laufen als erwartet und als im Antrag auf Bürgergeld angegeben.

Was kann ich tun um meine Unternehmenskrise zu überwinden und meine Bedürftigkeit zu beenden?

Der Bezug von Bürgergeld ist keine Dauerlösung. Er sollte nur dazu dienen, in einer schweren Unternehmenskrise dir und deiner Familie eine menschenwürdige Existenz zu ermöglichen. Dein Ziel sollte sein, möglichst schnell wieder genügend Einnahmen aus deiner selbstständigen Tätigkeit zu generieren, um ein gutes Leben zu führen.

Wenn du eine zweite Meinung haben möchtest, ob deine Selbstständigkeit sich zukünftig wieder lohnen kann, oder wenn du Unterstützung dabei brauchst, deine Geschäfte wieder zum Laufen zu bringen, ruf uns an. Die FIRMENHILFE berät Unternehmer*innen und Freiberufler*innen aus Hamburg zu allen Themen rund um die Selbstständigkeit und geht mit dir gemeinsam den Problemen auf den Grund – kostenfrei, unbürokratisch und wenn du möchtest auch anonym.

Wie gefällt dir diese Seite?

Alle Tipps, Tools und Kurse zu dem Thema Krise findest du hier:

Weitere Beiträge

bhp