Geschäftsmodell

Effectuation
Mit 4 Prinzipien zu mehr unternehmerischem Erfolg

Inhaltsverzeichnis

31.01.2023

Du willst dein Geschäftsmodell an den Markt anpassen oder bist in Krisenzeiten dazu gezwungen, größere Veränderungen an deinem Unternehmen vorzunehmen, um am Markt zu bleiben? Zu Beginn dieses Prozesses kannst du mit deinem eigenen Mindset starten. Ein Ansatz, dieses zu ändern und zu mehr unternehmerischem Erfolg zu gelangen, ist die Effectuation-Methode.

Was ist Effectuation?

Nach den in der BWL gelehrten Managementtheorien können Unternehmer nur erfolgreich sein, wenn sie mittels umfassender Analysen und Marktforschung feste Ziele ableiten und diese dann durch die dafür bereitgestellten Ressourcen erreichen. Es zeigte sich jedoch, dass in der Praxis erfolgreiche Unternehmer*innen oft einer anderen Entscheidungslogik folgen. Diese Erkenntnis untersuchte die junge Kommunikationswissenschaftlerin Sara Sarasvathy und prägte damit den Begriff der Effectuation. Nach diesem Ansatz akzeptieren die Unternehmer*innen den Fakt, dass die Zukunft nicht vorhergesagt werden kann, und fokussieren sich eher darauf, diese Zukunft aktiv zu gestalten. Dieser Umgang mit der Zukunft stellt der Kern der Methode dar.

Worum geht es bei Effectuation?

In der Praxis sind jegliche Entscheidungen von Unternehmer*innen mit einem gewissen Risiko verbunden. Denn die Zukunft lässt sich nicht vorhersagen und folglich wird jede unternehmerische Entscheidung von einer gewissen Unsicherheit begleitet. Möchtest du beispielsweise dein Geschäftsmodell in Krisenzeiten an deine Situation anpassen, kannst du nicht wissen, ob dir dies so gelingt, wie du es dir vorgestellt hast.  

Aber wie kannst du dieser Ungewissheit begegnen? Nach den klassischen Managementtheorien müsstest du nun aufwendige und ressourcenintensive Prognosen erstellen. Doch auch Prognosen können falschliegen.  

Nach der Effectuation-Methode hältst du dich nicht erst mit aufwendigen Prognosen auf, sondern akzeptierst, dass man die Zukunft nicht prognostizieren kann und kannst dich stattdessen darum bemühen, diese aktiv zu gestalten. Nutze diese Zufälle für deine Projekte und orientiere dich bei Entscheidungen an deinen vorhandenen Mitteln, an deinem Können und deinem Wissen, anstatt dir schwer zu erreichende Ziele zu setzen. Nutzen dein Netzwerk, tausche deine Ideen mit anderen aus und eröffne einen Dialog. 

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4 Prinzipien von Effectuation

Nach Sarasvathy basieren Entscheidungen und Handlungsweisen erfolgreicher Unternehmer auf diesen vier Prinzipien: 

 

     1. Mittelorientierung statt Zielorientierung 

Dieses Prinzip beruht auf der Annahme, dass es im unternehmerischen Alltag oft sinnvoller ist, mit dem zu arbeiten, was einem zur Verfügung steht, anstatt sich weit entfernte und schwer zu erreichende Ziele zu setzen. Ist deine unternehmerische Handlungsfreiheit beispielsweise durch eine Krise stark eingeschränkt, kannst du bestehende Aufgaben viel schneller bewältigen, wenn du lediglich deine vorhandenen Mittel und Fähigkeiten einsetzt.  

Möchtest du dein Geschäftsmodell an den Markt oder deine momentane Situation anpassen, versuche hierbei nach der beschriebenen Methode vorzugehen. Verschaffe dir einen Überblick darüber, welche Mittel dir zur Verfügung stehen und überlege dann, wofür du diese Mittel verwenden kannst. Als Hilfe kannst du dich an diesen drei Fragen orientieren: 

  • Wer bist du? Was ist dir wichtig? Wofür möchtest du stehen? Was macht dich aus?  
  • Wo liegt deine Kompetenz? Was kannst du? Über welche Fähigkeiten und Wissen verfügst du?  
  • Über welches Netzwerk verfügst du? Welche geschäftlichen oder privaten Kontakte hast du? Welche Ressourcen kann dein Netzwerk bereitstellen? Gibt es mögliche Partner oder Kooperationen? 

Falls du bei der Anpassung Ihres Geschäftsmodells noch Hilfe brauchst, schauen doch bei unserem Schnellkurs „Geschäftsmodell“ vorbei – darin lernst du in wenigen Schritten das Wichtigste rund ums Thema Geschäftsmodell. Stell dir hierbei die Grundfrage: Was ist mit meinen Kompetenzen, meinen Ressourcen und meinem Netzwerk möglich? Erst im zweiten Schritt solltest du dir überlegen, welche der möglichen Ziele du auch erreichen willst. 

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     2. Leistbarer Verlust statt erwarteter Ertrag  

Sarasvathy fand heraus, dass sich erfolgreiche Unternehmer*innen entgegen dem vorherrschenden Klischee nicht durch eine hohe Risikobereitschaft auszeichnen. Das Gegenteil ist der Fall, sie setzen nur das aufs Spiel, was sie auch bereit sind, zu verlieren, ohne dass es das Unternehmen ruiniert. 

Auch dies widerspricht der klassischen Managementsichtweise, in der es heißt, ein Einsatz lohne sich nur, wenn der erwartete Nutzen hoch genug ist. Was aber, wenn der erwartete Nutzen kleiner ausfällt oder ganz wegbleibt? 

3. Umstände und Zufälle nutzen, anstatt sie zu vermeiden 

Zufälle lassen sich im Unternehmensalltag nun mal nicht vermeiden oder gar vorhersehen. Nach der klassischen Lehre ist ein Zufall eine negative Störung auf dem Weg, ein bestimmtes Ziel unter allen Umständen zu erreichen. Die Effectuation-Methode sieht diesen jedoch als eine Chance, der das Unternehmen auch nach vorne bringen kann. Da die Ziele als veränderbar angesehen werden, akzeptieren Anhänger dieser Methode die Situation und versuchen, daraus das Beste zu machen. 

     4. Kooperation und Partnerschaft anstatt Konkurrenz 

Nach der klassischen Lehre werden Akteure im Markt und mögliche Partner systematisch ausgewählt und erst mit in das Projekt geholt, wenn dieses schon begonnen hat. Sie werden folglich danach ausgewählt, welche Ziele das eigene Unternehmen erreichen möchte. Nach dem Ansatz der Effectuation steht die Zusammenarbeit noch vor der eigentlichen Partnerschaft. Es wird ein Dialog geführt und sich gegenseitig über Ideen und Geschäftsmodelle ausgetauscht. Wer zusammenpasst, schließt sich zusammen.  

Trotzdem werden auch nach der Effectuation-Methode Vereinbarungen getroffen, um die gegenseitige Verlässlichkeit sicherzustellen. Hierbei geben alle Beteiligten an, welchen Einsatz sie in die Partnerschaft miteinbringen. Dies können sowohl Know-How, Kontakte oder Ideen sein als auch materielle Gegenstände wie Geld, Betriebsmittel oder Flächen. Der Schwerpunkt bei dem Effectuation-Ansatz liegt im Gegensatz zur klassischen Sichtweise nicht auf der Konkurrenz, sondern auf möglichen Partnerschaften. 

Möchtest auch du in einen Dialog über dein Geschäftsmodell treten oder hast noch weitere Fragen, dann vereinbare einen kostenlosen Beratungstermin mit unseren Expert*innen. 

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Der Prozess

Um den Effectuation-Prozess zu veranschaulichen, hat der Autor Michael Faschingbauer folgendes Beispiel gefunden: 

Nehmen wir an, du erwartest Besuch und möchtest ein leckeres Menü anbieten. Nach der gängigen Methode würdest du zunächst deine Kochbücher durchgehen und ein passendes Rezept auswählen. Dann würdest du eine Einkaufsliste schreiben, in die Stadt fahren, die Zutaten besorgen, zurückfahren und endlich mit dem Kochen beginnen. Das Ergebnis wäre im Idealfall genauso, wie es im Kochbuch aussieht – zumindest so lange nichts Unvorhergesehenes passiert. Aber was machst du, wenn dir die Sauce anbrennt und du keine Zutaten mehr für einen zweiten Versuch hast? Dann wäre deine Verzweiflung wahrscheinlich groß, denn dein ursprüngliches Ziel könntest du nun nicht mehr erreichen. 

Kochen nach Rezept

Abb. 1: Kochen nach Rezept (Quelle: eigene Darstellung nach: FASCHINGBAUER 2013) 

 

Gehst du aber nach der Effectuation-Methode vor, sieht dein Vorgehen anders aus. Du würdest dich lediglich in deiner Küche umschauen und aus dem, was du schon zuhause hast, etwas Leckeres kochen. Deine dir zur Verfügung stehenden Mittel würden das Ziel bestimmen, dem du dich schrittweise näherst. Am Ende hättest du nicht nur sehr viel Zeit, Aufwand und Nerven gespart, sondern auch ein einzigartiges Menü kreiert, das garantiert noch keiner deiner Gäste je probiert hat. Du hast etwas Neues geschaffen.

Kochen nach Effectuation

Abb. 2: Kochen nach Effectuation (Quelle: eigene Darstellung nach: FASCHINGBAUER 2013) 

Michael Faschingbauer über Effectuation und Entscheidungshilfen im Ungewissen

Einsatzmöglichkeiten

„Kochen nach Rezept“ funktioniert nur, wenn die Zukunft planbar ist, sprich verlässliche Prognosen möglich sind, wenn die Ziele feststehen und die Rahmenbedingungen unabhängig von dem Verhalten anderer sind. Wenn du in deinem Unternehmen größere Veränderungen anstrebst, funktioniert diese Vorgehensweise nicht unbedingt. Versuch stattdessen nach der Effectuation-Methode vorzugehen. Hierbei wird angenommen, dass die Zukunft ungewiss ist, sprich verlässliche Prognosen schwer sind, dass die Ziele veränderbar sind und die Rahmenbedingungen durch dein eigenes Handeln bestimmt werden.

Ein Beispiel aus der Praxis

Es gibt etliche Beispiele, wie Unternehmer*innen mit Effectuation die Zukunft gestalten, besonders während der Corona-Krise. Eines davon stammt von einem Gastronomen aus Tangstedt, dessen Pizzeria im Lockdown geschlossen wurde. Als er im Supermarkt beobachtete, wie sich um ihn herum alle mit Tiefkühlprodukten eindeckten, begann er kurzerhand, seine eigenen Pizzen tiefzukühlen und an seine Stammkunden zu verkaufen. Die Nachfrage war so groß, dass er bald in eine professionelle Kühlanlage investierte. Heute liefert er seine selbstgemachten Pizzen sogar an eine Supermarktkette und hat somit in der Krise ein neues Geschäftsmodell kreiert.  

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Fazit

Sarasvathy hat mit ihrer Forschung gezeigt, dass erfolgreiche Unternehmer*innen nicht nur aus dem Bauch entscheiden, sondern dass dahinter eine lernbare Methode steckt. Um diese Methode erfolgreich anzuwenden, musst du nicht BWL studiert haben. Wenn du im Zuge einer Krise dein Geschäftsmodell verändern musst, kann dir Effectuation helfen, aus dieser Krise gestärkt hervorzutreten.  

Effectuation meint, dass sich im Gegensatz zur klassischen BWL nicht an festgesetzten Zielen, sondern an den verfügbaren Mitteln orientiert wird. Anstatt aufwendige Prognosen und Marktforschungsprozesse durchzuführen, ergeben sich die Ziele aus deinen Ressourcen und deinem Netzwerk. So kann die Ungewissheit, die nahezu jede unternehmerische Entscheidung begleitet, möglichst effektiv abgebaut werden und dies, ohne dabei zu große Risiken einzugehen. 

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bhp